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Lust. Elfriede Jelinek. Eine radikale Abrechnung mit Macht und Sexualität.

Published: at 08:00

Worum geht es in Lust?

In ihrem Roman Lust erzählt Elfriede Jelinek die Geschichte von Gerti, einer Frau, die in einer sadistisch geprägten Ehe gefangen ist und immer wieder Opfer der sexuellen Gewalt ihres Mannes wird. Ihr Ehemann Hermann, ein wohlhabender Industriemanager, lebt seine Macht und seine sexuellen Begierden an Gerti aus, während sie sich in einem Leben voller Unterdrückung und emotionaler Leere gefangen fühlt. Gerti versucht, aus dieser zerstörerischen Ehe zu entkommen und begibt sich auf eine Beziehung mit einem anderen Mann, doch auch diese Verbindung bleibt oberflächlich und bringt ihr keine Befreiung.

Jelineks Lust ist ein radikales und provokantes Werk, das die Mechanismen von Patriarchat, männlicher Macht und sexueller Gewalt aufzeigt. Der Roman beschreibt die Ehe als ein System der Unterdrückung und zeigt, wie Männer ihre Macht über Frauen brutal ausüben. Dabei verzichtet Jelinek auf romantische oder versöhnliche Darstellungen und führt die Leser:innen mit scharfer und provokanter Sprache in die tiefsten Abgründe menschlicher Beziehungen. Mit Lust schuf Jelinek ein Werk, das keine Tabus kennt und die dunklen Seiten der Sexualität und der zwischenmenschlichen Machtstrukturen kompromisslos beleuchtet.


Warum solltest Du Lust lesen?

Lust ist ein herausfordernder und erschütternder Roman, der die Leser:innen zwingt, sich mit den Themen Macht, Gewalt und die Rolle der Frau in patriarchalen Strukturen auseinanderzusetzen. Jelinek beschreibt die Beziehung zwischen Gerti und Hermann in einer ungeschönten, fast klinischen Sprache, die die Gewalt und die emotionale Kälte ihrer Ehe ohne jede Verklärung darstellt. Der Roman fordert die Leser:innen dazu heraus, die Konventionen von Liebe, Ehe und Sexualität zu hinterfragen und sich mit den destruktiven Mechanismen auseinanderzusetzen, die oft hinter den Fassaden des alltäglichen Lebens verborgen sind.

Wer sich für gesellschaftskritische und feministische Literatur interessiert, die vor schwierigen und provokanten Themen nicht zurückschreckt, wird in Lust eine aufrüttelnde und tiefgründige Leseerfahrung finden. Jelineks Werk bleibt im Gedächtnis und lädt dazu ein, über die Machtstrukturen in intimen Beziehungen und die Rolle der Frau in patriarchalen Systemen nachzudenken.


Die wichtigsten Themen in Lust

Lust ist ein komplex strukturierter Roman, er sich über mehrere Erzählebenen entfaltet. Hier sind einige der zentralen Themen und Motive, die den Roman so außergewöhnlich machen:

1. Macht und sexuelle Gewalt

Ein zentrales Thema in Lust ist die Verbindung von Macht und sexueller Gewalt. Hermann nutzt seine gesellschaftliche Stellung und seine körperliche Überlegenheit, um Gerti zu kontrollieren und seine Begierden an ihr auszuleben. Die Ehe wird als System der Unterdrückung dargestellt, in dem die Frau zur Befriedigung der männlichen Lust degradiert wird. Jelinek zeigt auf, wie Sexualität oft als Mittel der Machtausübung missbraucht wird und wie destruktiv diese Dynamik für die Betroffenen sein kann.

2. Die Rolle der Frau im Patriarchat

Jelineks Roman ist eine scharfe Kritik an den patriarchalen Strukturen und der traditionellen Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter. Gerti wird in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter auf ihre Funktion reduziert und ist in einem System gefangen, das ihr keine Autonomie erlaubt. Lust thematisiert die Frage, wie tief die gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenbilder das Leben und die Sexualität der Frauen beeinflussen und wie schwer es ist, sich aus diesen Mustern zu befreien.

3. Ehe als System der Unterdrückung

In Lust wird die Ehe als Gefängnis für die Frau dargestellt, das auf Macht und Besitzansprüchen basiert. Die Ehe ist in Jelineks Darstellung nicht der Ort für Liebe oder gegenseitigen Respekt, sondern ein System, das die Frau in Abhängigkeit und Unterdrückung hält. Der Roman zeigt, wie die Institution der Ehe Frauen oft auf eine Rolle reduziert und ihnen die Möglichkeit zur Selbstbestimmung und individuellen Freiheit nimmt.

4. Der Körper als Objekt der Gewalt und Unterdrückung

Jelinek beschreibt den Körper der Frau als Objekt männlicher Gewalt und zeigt, wie Gerti in ihrer Ehe physisch und psychisch ausgebeutet wird. Die Brutalität, mit der Hermann seine sexuellen Begierden an Gerti auslebt, veranschaulicht die Machtverhältnisse und die Gewalt, die in ihrer Beziehung herrschen. Jelinek thematisiert die Objektivierung des weiblichen Körpers und die Zerstörung, die daraus resultiert, wenn Frauen zu bloßen Objekten der Begierde degradiert werden.


Jelineks Stil: Provokant, schonungslos und ungeschönt

Elfriede Jelinek ist für ihren provokanten und ungeschönten Stil bekannt, der die Leser:innen oft an die Grenzen des Erträglichen führt. Ihre Sprache in Lust ist direkt und brutal und verzichtet auf jede Form von Beschönigung oder Romantisierung. Die explizite und oft klinisch wirkende Darstellung von Gewalt und Unterdrückung zwingt die Leser:innen dazu, sich mit den dunklen Seiten der menschlichen Natur und den destruktiven Dynamiken in zwischenmenschlichen Beziehungen auseinanderzusetzen.

Jelineks Stil ist geprägt von einer radikalen Offenheit, die das Thema Gewalt und Macht in der Sexualität schonungslos anspricht. Sie verzichtet auf narrative Elemente, die die Geschichte abschwächen oder verharmlosen könnten, und lässt die Leser:innen stattdessen direkt an der Brutalität und Kälte teilhaben, die Gertis Leben und Ehe bestimmen. Diese stilistische Entscheidung macht Lust zu einem einzigartigen und herausfordernden Werk, das die Leser:innen zum Nachdenken über die Mechanismen von Macht und Gewalt anregt.


Die Bedeutung des Titels: Lust

Der Titel Lust ist zugleich provokant und ironisch. Während das Wort üblicherweise mit Freude und Verlangen assoziiert wird, steht es in Jelineks Roman für eine entmenschlichte, gewalttätige Begierde, die keine Rücksicht auf das Gegenüber nimmt. In diesem Werk bedeutet Lust keine gegenseitige Befriedigung oder Zuneigung, sondern die einseitige, destruktive Ausübung von Macht und Kontrolle. Jelinek spielt mit der Bedeutung des Begriffs, um die Diskrepanz zwischen dem traditionellen Bild von Sexualität und den zerstörerischen Mechanismen der Unterdrückung aufzuzeigen.


Warum Lust heute noch relevant ist

Lust bleibt auch heute ein relevantes Werk, da es sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen wie sexueller Gewalt, Machtmissbrauch und den patriarchalen Strukturen auseinandersetzt. Jelineks schonungslose Darstellung fordert die Leser:innen heraus, über die Mechanismen von Macht und Gewalt nachzudenken, die auch in unserer modernen Gesellschaft noch präsent sind. Der Roman ist ein kritischer Kommentar zur Objektivierung und Unterdrückung der Frau und lädt dazu ein, die bestehenden Machtstrukturen in Frage zu stellen.


Fazit: Lust – Ein radikaler Roman über die dunklen Seiten der Sexualität und der Macht

Elfriede Jelineks Lust ist ein provozierender und erschütternder Roman, der die Leser:innen dazu herausfordert, über die Dynamiken von Macht, Gewalt und Unterdrückung in zwischenmenschlichen Beziehungen nachzudenken. Jelinek zeigt auf eindringliche Weise, wie Macht und Sexualität miteinander verknüpft sein können und wie die traditionellen Rollenbilder und patriarchalen Strukturen Frauen oft in Abhängigkeit und Unterdrückung halten. Wer sich für feministische und gesellschaftskritische Literatur interessiert, wird in Lust eine aufrüttelnde und tiefgründige Leseerfahrung finden, die lange im Gedächtnis bleibt.


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